Opas alter Teddy

Leo geht gern mit Opa auf dessen Dachboden. Den kann man nur erreichen, wenn man eine wackelige Leiter hinaufklettert.

„Dies ist meine alte Schatzkammer“, meint Opa. „Hier sind alle meine Sachen, von denen ich mich nicht trennen will. Auch von deinem Papa ist noch Spielzeug hier.“
Leo schaut sich auf dem riesigen Dachboden um. Dort gibt es noch Legosteine von Papa. Selbst sein kleines Kinderbett steht noch da. Und auch noch eine große Truhe, die Opa für Leo öffnet.

„Da sind alle meine Schätze drin; Lieblingsspielzeuge aus der Zeit, als ich ein kleiner Junge war.“

Leo wühlt in der Kiste herum und holt einen kleinen Teddybären heraus. „Der Arme, der hat ja nur noch ein Auge, der braucht ein neues“, meint er.

„Das war mein Lieblingskuscheltier“, sagt Opa. „Ohne diesen Teddy bin ich nicht ins Bett gegangen. Er war ein Geschenk von meinem Onkel aus Amerika zu meiner Geburt.“

„Dann ist der Teddy ja schon ganz alt.“

„Ja, 74 Jahre alt. Am Anfang war er weich und schneeweiß. Aber ich habe so viel mit ihm gekuschelt, dass er jetzt ganz schön schmutzig aussieht. Besonders traurig war ich immer, wenn er gewaschen wurde. Meine Mama wollte nicht, dass ich mit Teddy ins Bett ging, wenn er so schmuddelig war. Aber nach der Wäsche roch er erst immer ekelhaft, gar nicht nach meinem Teddy.“

Leo hört überhaupt nicht zu. Er schaut nur auf die Stelle, wo Teddys Auge fehlt.

„Opa, Teddy braucht ein neues Auge, ganz schnell, damit er dich wieder besser sehen kann.“

„Ja, Teddy hat schon mal ein neues Auge bekommen. Ich kann mich daran erinnern. Da gab es noch einen Puppendoktor hier im Ort, aber den gibt es schon lange nicht mehr.“

„Vielleicht gibt es ja bei uns in Köln einen Puppendoktor.“

„Eine super Idee. Lass uns gleich mal im Internet schauen“, schlägt Opa vor. Und tatsächlich gibt es noch einen Puppendoktor in Köln. Ganz in der Nähe von Leos Wohnung.

„Wenn ich dich das nächste Mal in Köln besuche, bringe ich den Teddy mit. Und dann lassen wir ihn wieder gesund werden.“

Eine Woche später besuchen Leo und Opa den Puppendoktor. Als sie seinen Laden betreten, klingelt eine Glocke über der Eingangstür. Ein Mann, der noch älter als Opa aussieht, sitzt an einem Tisch und ist gerade dabei, einer Puppe das Bein zu reparieren.

Als er Teddy sieht, meint er: „Den kriegen wir schnell wieder hin. Ich habe eine ganze Kiste mit alten Glasaugen für Teddybären.“

Er schlurft in ein Nebenzimmer und bringt eine alte Schachtel mit. „Wir können ja mal zusammen schauen, ob das richtige Auge dabei ist.“

Leo und Opa wühlen in der Kiste. Sie finden braune, blaue, grüne und graue Augen. Zunächst schauen sie sich alle braunen Augen an. Aber es ist keines dabei, das so groß wie Teddys linkes Auge ist.

Dann findet Opa die perfekte Größe, aber das Auge ist blau. „Was hältst du davon, wenn Teddys neues Auge blau wird?“, fragt Opa. „Es gibt ja auch Hunde, die ein blaues und ein braunes Auge haben: die Schlittenhunde hoch oben im Norden. Und ich hatte früher einen guten Freund, der das auch hatte. Der war wirklich besonders.“

Leo zögert einen Moment. „Teddy ist auch ganz besonders“, meint er. „Er soll sein altes braunes Auge und ein neues blaues haben. Mama hat ja auch braune Augen und Papa blaue.“

Schnell setzt der Puppendoktor Teddy das blaue Auge ein. Leo freut sich so sehr. Er möchte Teddy gar nicht loslassen.
„Opa, darf Teddy heute Nacht bei mir schlafen?“

Opa überlegt kurz: „Ausnahmsweise. Eine Nacht ist okay, dann muss er wieder zurück zu mir, sonst bekommt er noch Heimweh,“ meint er lächelnd.


Ingrid Ollenschläger, 2025

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